Projekt: Stadttore
Stadttore laden ein
Typisch für Städte mit einer mittelalterlichen Geschichte waren Stadtmauern, Türme und Tore. In Recklinghausen gab es ursprünglich zwei solcher Ringmauern. Die 2. Stadtmauer zeigt sich noch heute in der Topographie im 1,8 km langen Wallring rund um die Altstadt mit einem erhaltenen Mauerrest zwischen Stephans- und Wachtturm. Von den ehemaligen fünf als Doppeltor-Anlagen erbauten Stadttoren sind die Namen Steintor, Lohtor, Martinitor, Kunibertitor und Viehtor präsent und als Einladung in die historische Altstadt nun wieder plastisch erkennbar. Die Kennzeichnung durch breite Bodenplatten im Eingangsbereich wird verbunden mit der Darstellung von thematischen Brückenschlägen von der historischen Vergangenheit in die Gegenwart der heutigen Stadt.
Jede der fünf Silizium-Bronzeplatten mit einer Fläche von ca. 380 x 83 Zentimeter und einem Gewicht von 295 Kilogramm, bestehend aus je ca. 35 Liter flüssigem Metall, können nicht mehr als „klein“ bezeichnet werden. Gegossen wurden sie im Sandgussverfahren bei circa 1140 Grad Celsius durch die Firma Bronzen-Gunkel GmbH aus Berlin. Die aufwendig digital gezeichneten Motive wurden am Computer in feinen Flächen aufgebaut und über ein Belichtungsverfahren zu Gussformen verarbeitet. Das gestalterische Konzept stammt aus der Feder des Recklinghäuser Designstudios „crosscreative“. „Das Spiel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, der Übergang vom Mittelalter in die Zukunft, das sind elementare Facetten des Konzeptes“, sagt Tom Nassal, Kreativ-Direktor von crosscreative. Die Agentur hatte sich in einem vorgeschalteten Wettbewerb gegen Mitbewerber durchsetzen können.
Das KUNIBERTITOR
Dieses Stadttor hieß ursprünglich Königsbergtor (Konningberg) und ist nach dem Königsberg, dem heutigen Kuniberg benannt. Es ist das einzige mittelalterliche Stadttor von dem wir das genaue Aussehen kennen. Es bestand aus einem turmartigen Haupttor und einem zweiten vorgelagerten Tor mit kleinem Torhaus. Zwischen beiden Toren befand sich der Wassergraben über den eine Zugbrücke führte. Die durchführende Konnenbergstraße führte nach Osten über Suderwich nach Dortmund.
An den ehemals vorhandenen Dreifach-Wassergraben im Bereich des heutigen Busbahnhofs erinnert nur noch ein künstlicher kleiner Tümpel.
Im selben Jahr wie das Steintor (1834) fiel auch das Lohtor dem Abbruchmeißel zum Opfer und mit ihm das kleine Pförtnerhaus mit einem Stück der Stadtmauer. Die anfallenden Bruchsteine wurden im Keller- und Hausbau eingesetzt und finden sich anlässlich von Restaurierungsarbeiten noch heute an alten Gebäuden wieder.
Plan des ehemaligen KUNIBERTITORS nach der Urkatasterkarte von 1822
Das Kunibertitor um 1634 (Wenzel Hollar, Ausschnitt)
Das Kunibertitor um 1634 (Dr. Werner Koppe)
Einweihung der Bronzeplatte Kunibertitor am 18. Dezember 2019
Willkommen in der lebenswerten Stadt Recklinghausen
Foto: Wehling
Das LOHTOR
Wie die vier übrigen Stadttore ist das LOHTOR zwischen 1344 und 1365 entstanden. Es verdankt seinen Namen dem früher hier vorhandenen „Loh“ (lichter Wald). Die einzige durchgehende mittelalterliche Fernstraße vom Rheinland zur Nordsee führt hindurch. Die vor dem Tor 1720 errichtete Kreuzigungsgruppe war das Wegekreuz zu den Bauernschaften Beising, Bockholt und Speckhorn. Sie wurde von Gerhard Schaumburg, Verwalter des Kölner Domkapitels und seiner Frau Agnes gestiftet. Wie es einmal ausgesehen hat, zeigt eine Zeichnung des flämischen Künstlers Renè Roidkin aus der Zeit um 1730. Leider ist das LOHTOR zu dieser Zeit bereits sehr verfallen, aber die ehemalige Doppeltoranlage ist noch deutlich zu erkennen. 1839 wurde das Tor im Zuge des Ausbaus der sog. Kunststraße nach Haltern abgebrochen. Im Jahre 1880 wurde schließlich der Viehmarkt vom Holzmarkt vor das ehemalige LOHTOR verlegt.
Plan des ehemaligen LOHTORS nach der Urkatasterkarte von 1822
Kreuzigungsgruppe von 1720
Das LOHTOR um 1730 (Tuschezeichnung von René Roidkin — Ausschnitt)
Foto: Dr. W. Koppe
Der Lohtor-Platz mit den Torbögen des dänischen Künstlers Kirkeby (2015)
Einweihung der Lohtor Bronzeplatte am 27. September 2019
Willkommen im denkmalreichen Recklinghausen
Foto: M. Wehling
Das STEINTOR
Das im Zuge des Neubaus der Recklinghäuser Stadtmauer zwischen 1344 und 1365 entstandene STEINTOR bildet gleichsam Eingang bzw. Ausgang für die einzige durchgehende mittelalterliche Fernstraße vom Rheinland zur Nordsee. Heute besteht die ehemals wichtige Handelsstraße aus den Teilstücken Stein-, Heilige-Geist- und Münsterstraße. Durch das STEINTOR mussten Menschen mit ansteckenden Krankheiten (Sieche/Seike) und zum Tode Verurteilte die Stadt in Richtung Hochlar verlassen. Dort befanden sich nämlich das sog. Siechenhaus (Siechenkotten/Seikenkotten) und die Hinrichtungsstätte.
Das bedeutende Tor verschwand in Etappen. So war das turmartige Haupttor bereits 1813 so verfallen, dass es abgebrochen wurde. Das Vortor mit dem kleinen Torhaus wurde 1840 niedergelegt, nachdem der Wassergraben zugeschüttet und die Grabenbrücke beseitigt war.
Plan des ehemaligen STEINTORS nach der Urkatasterkarte von 1822
Das STEINTOR nach den Vorstellungen des Recklinghäuser Malers Harry Maria Eggert.
Foto: privat
1846 eröffnet Johann Werner an der Steinstraße eine Bäckerei mit Schankstube.
Foto: Dr. W. Koppe
“Haus Fegeler“, 2007 verkauft an die kath. Kirche, die dort das Jugendcafé „Areopag“ einrichtet.
Einweihung der Steintor Bronzeplatte am 23. Mai 2019
Foto: M. Wehling
Das MARTINITOR
Das MARTINITOR ist wahrscheinlich eines der kleineren Stadttore gewesen, denn die hindurchführende Straße hatte lediglich lokale Bedeutung, vor allem als Transporttrasse nach Oer und zum Steinbruch am Stimberg. Obwohl dieser Weg auch weiter zur Lippe, nach Lüdinghausen und Münster führte, war die Straße vom Lohtor über Haltern nach Münster bedeutsamer und verkehrsreicher.
Das Tor trug den Namen des Heiligen Martin, eines im Mittelalter besonders verehrten Heiligen. In einer Mauernische war sein Standbild aufgestellt.
Wie das Tor einmal ausgesehen hat können wir dem Kupferstich aus dem Jahr 1634 entnehmen. Allerdings ist nur eine Seitenansicht zu sehen, die aber Aufschluss darüber zulässt, dass wir es auch hier mit einem Doppeltor zu tun haben. Im Jahre 1839 fiel mit dem Abbruch des Pförtnerhauses der letzte Teil dieses Stadttores.
Plan des ehemaligen Martinitors nach der Urkatasterkarte von 1822
Das MARTINITOR um 1634 (Wenzel Hollar, Ausschnitt)
Das MARTINITOR um 1634 (Dr. W. Koppe)
Foto: Dr. W. Koppe
Einweihung der Martinitor Bronzeplatte am 2. April 2019
Foto: Wehling
Das VIEHTOR
Zwischen 1344 und 1365 entstanden, hatte das VIEHTOR am Ende der Breite Straße (Lata Platea) keine bedeutende Handelsfunktion, denn sie führte in das unbewohnte Emscherbruch, ein ehemaliges Moor-, Heide- und Waldgebiet, das bis zur damaligen Südgrenze des Vestes Recklinghausen an der Emscher reichte. Lediglich die Tiere der Ackerbürger wurden hier hindurch über die Weidestraße zu den Weiden südlich der Stadt getrieben und vom städtischen Kuhhirten gehütet. An den letzten Kuhhirten Theodor Erlhoff (1831-1903) erinnert ein Denkmal vor der Gustav-Adolf-Kirche, der ersten evangelischen Kirche im Vest. Über den Milchpfad brachten die Mägde nach dem Melken die vollen Milchkannen zurück in die Stadt. Im Zuge des Verfalls der alten Stadtmauer wurde das VIEHTOR um 1840 abgebrochen. – Eine neue Zeit brach im Jahr 1898 an, als der VIEHTOR-Platz Endstation der ersten Straßenbahnlinie Herne-Baukau-Recklinghausen wurde, die kurze Zeit danach bis zum Marktplatz und zum Bahnhof führte.
Plan des ehemaligen Viehtors nach der Urkatasterkarte von 1822
Das Denkmal des letzten Recklinghäuser Kuhhirten Theodor Erlhoff (1831-1903)
Einweihung der Viehtor Bronzeplatte am 20. Dezember 2017
Der Verein für Orts- und Heimatkunde dankt allen, die die Realisierung unterstützt haben, vor allem der Stiftung für Kunst, Kultur, Heimatkunde und Heimatpflege der Stadtsparkasse Recklinghausen, Rat und Verwaltung der Stadt mit den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der verschiedenen Fachbereiche.
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„Projekt Stadttore“
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